Wiesenschaumkraut – zarte Schönheit auf der Frühlingswiese

Wenn Ende April, spätestens Anfang Mai, ganz plötzlich das Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis) auf den frischen, grünen Wiesen zu blühen beginnt, ist für mich der Frühling endgültig angekommen. Mit seinen elfenhaften, zart weißlich bis lila schimmernden Blütendolden, die traubenartig in die Höhe ragen, wirkt es, als würden kleine Schaumkronen die Wiesen, Waldränder und Auenwälder schmücken.

Seinen Namen verdankt es nicht nur diesem schaumartigen Eindruck – auch die Schaumzikade trägt dazu bei. Ihre Larven hinterlassen kleine, schaumige Tropfen in den Blattachseln, die wie winzige Spucketröpfchen aussehen und dem Kraut einen Hauch von Zauber und Geheimnis verleihen.

In alten Kulturen galt das Wiesenschaumkraut als Sinnbild für Erneuerung und Fruchtbarkeit – eng verbunden mit dem Erwachen der Natur. Für Bauern war es eine Wetter- und Ernteanzeige: Wenn es in Fülle blühte, bedeutete das oft einen mageren Heusommer. Deshalb wurde es auch „Hungerblume“ genannt. Im Volksglauben trug es den Namen „Donnerblume“, denn das Pflücken dieser zarten Blüten sollte angeblich Blitz und Donner heraufbeschwören.

Auch in schamanischen Ritualen spielte es eine Rolle – als Pflanzengeist für Reisen zwischen den Welten. Man glaubte, dass es die Blüte alten Wissens sei und uns mit unseren Ahnen, unserer Geschichte und den tiefen Wurzeln in der Natur verbinde.

Erkennungsmerkmale

Die zarten, nektarreichen Blüten besitzen vier Blütenblätter, die sich kreuzförmig gegenüberstehen – ein klassisches Zeichen für die Familie der Kreuzblütler. Sie sind eine wichtige Nahrungsquelle für Hummeln und den wunderschönen Aurorafalter, dessen Raupen sich vom Pflanzensaft des Wiesenschaumkrauts ernähren.

Der feine, unbehaarte Stängel wächst aufrecht und trägt wechselständig angeordnete, gefiederte, gezackte Blätter. Nach der Blüte bildet die Pflanze kleine Schoten, in denen sich Samen befinden – sie lassen sich ernten und ähnlich wie Senfkörner verwenden.

Inhaltsstoffe und Heilwirkung

Wer einmal vom Wiesenschaumkraut kostet, ist überrascht von seinem intensiven, scharf-bitteren Geschmack. Die enthaltenen Senföle sorgen für den kressigen Ton, begleitet von wertvollen Mineralstoffen, Bitterstoffen und viel Vitamin C. Diese Kombination regt den Stoffwechsel an und unterstützt die Verdauung.

Blätter und Blüten können roh verzehrt werden – ob als dekorativer Farbtupfer im Salat oder als würzige Beigabe in Kräuterquark. Äußerlich kann ein Umschlag mit frischer Pflanze bei Gelenkbeschwerden helfen, ähnlich wie Senfwickel. Doch Vorsicht: Die Senföle können die Haut reizen – also nur kurz anwenden.

Blume des Jahres

2006 wurde das Wiesenschaumkraut zur „Blume des Jahres“ gewählt. Die Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen wollte damit auf die zunehmende Bedrohung von Feuchtwiesen und natürlichen Biotopen aufmerksam machen. Durch Entwässerung und Überdüngung verwandeln sich viele artenreiche Lebensräume in monotone Grünflächen – und mit ihnen verschwindet nicht nur das zarte Wiesenschaumkraut, sondern auch viele andere wertvolle Pflanzen- und Tierarten.